Das RWD-Hochhaus

Das RWD-Hochhaus an der Badenerstrasse 21 in Dietikon wurde in den Jahren 1960-62 erbaut. Bauherr war der bekannte Unternehmer Willi Pieper, der Direktor der «Reppischwerke Dietikon AG» an der Bergstrasse. Dieses vielstöckige Wohn- und Geschäftshaus war tatsächlich eines der ersten modernen Hochhäuser dieser Art im Limmattal. Der Beitrag will daher seiner Baugeschichte nachgehen.

1943 kaufte der junge Unternehmer Willi Pieper-Häcker (1911–1990) die damals fast insolvente Metallgiesserei Koch an der Bergstrasse 23 in Dietikon: Die Firma benannte er in «Reppischwerke Dietikon AG» um, woraus das Kürzel RWD entstand. Spezialisiert war die Fabrik zunächst v.a. auf die Produktion von Kartoffelschälmaschinen einerseits und auf die Herstellung von Schulpulten und ähnlichen Möbeln andererseits. Freilich legten sich die RWD im Laufe der Zeit immer mehr auf den Ausbau der Holzverarbeitungsabteilung fest.

Schon früh wurden die RWD aber auch neu im Immobiliensektor tätig, konzentrierten sich insbesondere auf die Planung und Realisierung von eigenen Liegenschafts-Bauprojekten: So errichteten die RWD bereits im Jahre 1951 die Alte Siedlung «Sonnenhof» gegenüber der Firma. 1955 folgte die Überbauung «Im Park» und 1957 das Wohnquartier «Baumgarten». Schliesslich entstand 1960-62 das grosse Hochhaus an der Badenerstrasse 21, welches heute noch als das wohl allgemein bekannteste Bauprojekt der RWD in Dietikon gelten darf.

Zwar hatten die RWD schon 1950 das Bauland für das projektierte Hochhaus an der Badenerstrasse für Fr. 10.- pro Quadratmeter erworben. Doch erst nach zehn Jahren Planen und Verhandeln konnte dann am 22. November 1960 mit dem Neubau begonnen werden. Es sollte eines der ersten Hochhäuser im gesamten Limmattal werden. Während der ersten elf Monate Bauzeit mögen sich die Einwohner in Dietikon oft gefragt haben, wie «hoch hinaus» es denn mit diesem Gebäude wohl noch ginge. Diese Frage wurde schliesslich beantwortet, als am 15. Oktober 1961 das Firstbäumchen in Höhe von 36 Metern angebracht wurde.

Zehn Stockwerke geplant
Ursprünglich wollte Pieper sogar noch höher bauen, doch hatte die Gemeinde Dietikon die Auflage gestellt, dass das neue Gebäude den Kirchturm nicht überragen dürfe. Das Hochhaus sollte zehn Stockwerke aufweisen. Im Parterre entstand quer zur Badenerstrasse ein Supermarkt der Firma Denner – seinerzeit das grösste derartige Geschäft im Kanton Zürich. Ebenfalls im Erdgeschoss wurde nach New Yorker Vorbild das Restaurant «Club 21» eingerichtet (heute Restaurant «Molino»). Darüber hinaus entstanden noch 5 Büro- und 4 Wohngeschosse. Gestaltet wurde das imposante Hochhaus von Architekt Ernst Messerer.

Die Einweihung des Hochhauses am 27. September 1962 war ein Spektakel. Um 08.00 Uhr landete auf dem Dach der neuen Denner-Filiale ein Hubschrauber. Ihm entstieg Willi Pieper mit einem goldenen Schlüssel in der Hand. Nach einer kurzen Begrüssung stieg er über die angestellte Leiter zu den wartenden Gästen hinab, um das Geschäft aufzuschliessen. Denner selbst organisierte zur Feier des Tages sogar eine Gratis-Lotterie, worunter drei brandneue Fernsehapparate als Hauptgewinn verlost wurden. Damals war das eine absolute Sensation: Nur sehr wenige Haushalte verfügten in den frühen 1960er-Jahren schon über ein eigenes Fernsehgerät, wurde doch der erste reguläre Sendebetrieb in der Schweiz erst 1958 aufgenommen – und das ganz zu Beginn nur an fünf Wochentagen für jeweils eine Stunde!

Gediegener «Club21»
Was das neue Restaurant «Club 21» neben dem Denner angeht, so wurde es bald als eines der modernsten und gediegensten Gasthäuser im ganzen Limmattal bekannt. Immerhin bot es über 100 Gästen Platz, und bei schönem Wetter ermöglichten das Boulevard-Café und der Glacé-Garten den Aufenthalt im Freien. Die Leistungskapazität des neuen Restaurants war vergleichsweise riesig: Tatsächlich war im «Club 21» die beanspruchte Fläche für Küche, Kühl- und Vorratsräume dreimal so gross wie in einer anderen Dietiker Gaststätte. Selbst Autoparkplätze waren rund um die Liegenschaft reichlich vorhanden – zu jener Zeit alles andere als selbstverständlich. Jedenfalls stand das RWD-Hochhaus somit gleich in mehrfacher Hinsicht für die rasant fortschreitende Modernisierung in Dietikon. 

Text: Sven Wahrenberger, Fotos: Ortsmuseum Dietikon