Der Dorfbrunnen von 1771

Hinter der Taverne zur «Krone» in Dietikon stand einst ein wichtiger Dorfbrunnen. Es handelte sich um eine markante, einäugige Brunnenanlage mit hoher Brunnensäule und Kalksandstein-Trog, auf welchem die Inschrift «REN 1945 / G 1771 D» prangte. Aufgrund der Platzverhältnisse jedoch wurde dieser Dorfbrunnen 1957 vom Kronenplatz verschoben: Seither steht er beim «Färberhüsli» an der Oberen Reppischstrasse 16.

Die erste öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Dietikon, welche heute noch ihr Wasser aus der Laubibrunnen-Quelle im Röhrenmoos bezieht, wurde 1893 eingeweiht – eine Meisterleistung, denn wer sein Haus an das Leitungsnetz anschloss, hatte fortan fliessendes Wasser in Küche und Stall. Vorher hingegen hatte die Wasserversorgung in Dietikon lediglich aus ein paar Dorfbrunnen bestanden. Aus den Protokollen der Holzkorporation geht hervor, dass es um die Mitte des 19. Jh. sieben Dorfbrunnen in Dietikon gegeben hat.

Aus diesen Dorfbrunnen holte man früher das für den Haushalt nötige Wasser, während das Vieh zu ihnen zur Tränke getrieben wurde. Das Brunnenwasser wurde aus Quellen zugeleitet, die an den Halden gegen den Honeret, den Basi und ob dem Fondli gefasst worden waren. Als Leitungsrohre dienten Teuchel, durchbohrte Baumstämme von je rund vier Metern Länge. Einer jener sieben Dorfbrunnen stand hinter der Taverne zur «Krone». Vermutlich ist er der älteste in Dietikon, wurde er doch bereits 1771 einmal vom Kloster Wettingen erneuert.

Wasser am Kronenplatz
Der Kronenplatz bildet den historischen Kern der Stadt Dietikon. In der Dietiker Kaufurkunde vom 17. Oktober 1259 wird die Taverne zur «Krone» im Zusammenhang mit einer Zollstation erstmals schriftlich erwähnt. Eine Taverne war berechtigt, Reisenden nächtliche Unterkunft und feste Mahlzeit anzubieten. Im Laufe der Zeit siedelten sich um die «Krone» weitere öffentliche Gewerbebetriebe an, darunter eine Schmiede und eine Metzgerei. Zusammen mit der Zehntenscheune hinter dem Gasthaus bildete daher die «Krone» ein bedeutendes Wirtschaftszentrum in dem kleinen damaligen Bauerndorf Dietikon.

In diesem Kontext ist es begreiflich, dass auf dem Kronenplatz früh auch schon ein Dorfbrunnen errichtet wurde. In der Tat ist dieser Brunnen bei der «Krone» bereits in einem Dokument von 1684 erstmals fassbar: Darin erklärt der Dietiker Vikar Leodegar Gilli, dass er auf eigene Kosten einen öffentlichen Brunnen aus Stein und auch ein Waschhaus habe errichten lassen, da man vorher das Wasser vom Wirtshaus habe holen müssen – hier bezieht sich der Priester sehr wahrscheinlich auf einen Vorgängerbau des Brunnens von 1771.

Die «Krone» während des Umbaus um 1954. Im
Hintergrund links ist der Dorfbrunnen deutlich zu sehen
Der Dorfbrunnen steht seit 1957 an der
Oberen Reppischstrasse beim «Färberhüsli».

Verschiebung zum «Färberhüsli»
1954 wurden umfangreiche Aussen- und Innenrenovationen am damaligen Hotel «Krone» durchgeführt. Anstelle des früheren Kräuter- und Baumgartens vor dem Gasthaus entstand dabei auch ein vorgebauter Bäckereiladen (abgebrochen 2008). Noch dazu war ein grosser Teil des damaligen Kronenplatzes noch nicht Bestandteil der heutigen Fussgängerzone: Der Automobilverkehr musste sich früher um die «Krone» herum entlang der alten Zürcherstrasse schlängeln – ihr Verlauf entspricht der heutigen Löwenstrasse.

Infolge des Konjunkturaufschwungs in den 1950er-Jahren wurden die Platzverhältnisse am Kronenplatz enger. Deshalb wurde der Dorfbrunnen von 1771 bereits im Jahre 1957 an einen geeigneteren Ort, fernab der Hauptstrasse durch Dietikon, verschoben. Als neuer Standort wurde der ruhige Vorplatz beim ehemaligen Wohnhaus Etzensberger an der Oberen Reppischstrasse 16 ausgewählt, dem sogenannten «Färberhüsli». In dem kleinen Gebäude wurde 1958 das Ortsmuseum Dietikon eingerichtet.

Während aber das Ortsmuseum 1978 in die ehemalige Villa Strohmeier verlegt werden konnte, verblieb der alte Dorfbrunnen bis heute an seinem neu angestammten idyllischen Platz beim «Färberhüsli». Eine grössere Restaurationsarbeit an der Brunnenanlage wurde noch im Sommer 1986 vorgenommen, und zwar im Rahmen des Ausbaus der Bühlstrasse und der Neugestaltung des Platzes vor dem «Färberhüsli». Bei dieser Gelegenheit wurde die hohe Brunnensäule dann nicht mehr am Kopfende, sondern seitlich des Trogs wieder aufgebaut. 

Text: Sven Wahrenberger, Fotos: Ortsmuseum Dietikon