Der Franzosenübergang 1799

Als Koalitionskriege werden die von 1792 bis 1815 dauernden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und den anderen europäischen Grossmächten bezeichnet: Sie bilden eine Serie von Konflikten, die ursprünglich durch die Französische Revolution hervorgerufen wurde. In diesem Kontext wurde auch Dietikon 1799 zum Kriegsschauplatz.

So vielschichtig die Wurzeln der Französischen Revolution von 1789 sind, können sie doch auf einen Hauptgrund zurückgeführt werden: Das Königreich Frankreich war völlig verschuldet, und die vorwiegend ländliche Bevölkerung lebte in Armut und Elend. Unter dem Druck dieser Krise und des drohenden Staatsbankrotts versuchte König Ludwig XVI. Finanz- und Steuerreformen einzuführen. Allein, der Ansatz kam zu spät. Das städtische Bürgertum forderte politisches Mitspracherecht und Abschaffung der Privilegien von Adel und Klerus.

Mehr noch, die Wortführer des Bürgertums sahen sich als die einzig legitimen Repräsentanten der Nation! Sie riefen sich am 17. Juni 1789 zur neuen höchsten Gewalt Frankreichs aus: zur Nationalversammlung. Damit wurde Ludwig XVI. quasi entmachtet. Doch die schwerwiegenden sozialen und finanziellen Probleme im Staat konnte auch die Nationalversammlung nicht so schnell lösen. Daher fand bald eine immer deutlichere Radikalisierung und Gewaltbereitschaft v.a. in der Pariser Bevölkerung statt.

Krieg und Terror

In der Politik widerspiegelte sich diese Entwicklung in einem andauernden Rutsch in die Linksextremität. Immer mehr Abgeordnete hielten es für die Aufgabe Frankreichs, alle «Tyrannen», d.h. alle vermeintlichen Gegner der Revolution, mit äusserster Gewalt zu bekämpfen und so dem Volk die «Freiheit» zu bringen. Als eines der ersten Opfer wurde Ludwig XVI. am 21. Januar 1793 als verurteilter Staatsfeind in Paris hingerichtet. Auf gleiche Weise starben nach ihm bis Juli 1794 fast 17’000 weitere Menschen auf der Guillotine.

Diese radikale Phase der Revolution in Frankreich verbreitete Furcht und Schrecken, besonders bei den Monarchen und Fürsten Europas: Als Herrschaftsträger sahen diese in der (königs-)mörderischen Nation eine gemeinsame Gefahr, und sie schmiedeten eine Allianz. So brachen die Koalitionskriege aus. Um 1797/99 geriet u.a. das Gebiet der heutigen Schweiz zwischen die Fronten. Hier kämpfte das Revolutionäre Frankreich gegen Österreich und Russland. Die Schweiz selbst wurde dabei erobert und zu einem französischen Satellitenstaat.

Am Limmatufer verschanzt

Im Mai/Juni 1799 schafften es die Österreicher, die Franzosen aus dem Raum Zürich zu verdrängen. Die Front verlief nun u.a. auf einer Linie von der Aare über die Limmat bis nach Zürich: Zürich sowie das rechte Limmatufer wurden von den Österreichern unter dem Befehl von Erzherzog Karl gehalten. Das linke Limmatufer besetzten die Franzosen unter General André Masséna. In dieser Position verschanzten sich die feindlichen Truppen über drei Monate und warteten auf das letzte entscheidende Gefecht um Zürich.

Der Einfachheit halber führten die Franzosen damals kaum eine eigene Nachschublinie, sondern sie lebten buchstäblich von der einheimischen Bevölkerung und nahmen sich, was sie brauchten. In dem kleinen Bauerndorf Dietikon z.B. waren von Juni bis September 1799 ständig rund 2500 französische Soldaten stationiert. Rücksichtslos legten sie Hand an den Besitz der Dorfbewohner: Sie stahlen ihnen Brot, Getreide, Pferde, Schweine, Rinder und sogar das Heu. Mensch und Vieh litten unbeschreibliche Hungersnot.

Endlich kam der Tag, an dem Masséna zum Angriff überging: Die Zeit war günstig, denn die Österreicher waren grösstenteils abgezogen und von weniger gut ausgerüsteten russischen Truppen ersetzt worden. Am Morgen des 25. September 1799 – einem nebligen Tag – liess Masséna unter schwerem Beschuss eine Schiffsbrücke beim Schäflibach errichten und setzte mit ca. 15’000 Soldaten über die Limmat. Die Zweite Schlacht von Zürich begann. Massénas riskantes Überraschungsmanöver gelang, und die Franzosen konnten die Russen vom rechten Limmatufer vertreiben und sogar am Tag darauf Zürich zurückerobern. Und weil diese für Frankreich erfolgreiche Schlacht bei Dietikon begann, ist noch heute der Ortsname unserer Stadt im Arc de Triomphe von Paris eingraviert.

 

Text: Sven Wahrenberger; Fotos: Ortsmuseum Dietikon