Die Stadt in der Stadt

Dieses Quartier hat fast alles: Einen eigenen Bahnhof, ein Schulhaus mit Hallenbad, Einkaufsläden und eine Post. Das einzige, was dem Quartierverein Schönenwerd fehlt: Der Nachwuchs.

 

Der Quartierverein Schönenwerd kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: Das Protokoll der ersten Vorstandssitzung wurde im Jahr 1924 in schönster Handschrift in einem heute sorgfältig aufbewahrten antiken Büchlein niedergeschrieben. Damals hatte der Verein noch viel zu tun: Hier fehlte eine Bank, da musste noch eine Strassenlaterne hin, und die Besiedelung war auch eher schwach. Heute zählt Schönenwerd rund 6000 Einwohner und reicht von der Grenze Schlierens bis nach Schäflibach. Der Unterschied zu früher: Der Quartierverein hat nur noch wenig zu tun. Denn: «Schönenwerd ist das vollständigste Quartier in Dietikon», sagt Christoph Schätti, der seit elf Jahren den Quartierverein präsidiert und selber seit rund zwanzig Jahren hier lebt.

 

Die Infrastruktur ist hervorragend: Schönenwerd hat mit Glanzenberg nicht nur als einziges Quartier in Dietikon einen eigenen Bahnhof, sondern dazu auch eine eigene Post. Grosse Einkaufsläden wie der Coop oder Denner erfreuen die Bewohner ebenso wie die sieben Kindergärten und das Schulhaus Luberzen, welches täglich von rund 500 Schülern aller Stufen angesteuert wird. So überrascht es wenig, dass hier viele Familien ihr Zuhause gefunden haben. Die Mieten seien nicht hochpreisig und das Angebot gross: «Über 70 Prozent aller Bauten dürften Mietwohnungen sein», schätzt Charly Bischofberger, Vizepräsident des Quartiervereins Schönenwerd und selber seit über vierzig Jahren hier wohnhaft. Die meisten Häuser stammen aus den 60er-Jahren, Neubauten sucht man hier vergebens: «Dafür fehlt uns auch einfach der Platz», sagt Schätti.

 

Quartierfest, Chlaus-Umzug und Vereinsreise

Der Quartierverein zählt heute rund 110 Mitglieder, die meisten davon sind schon lange dabei. «Das Durchschnittsalter der Mitglieder dürfte um die siebzig Jahre betragen», sagt Schätti und bedauert: «Uns fehlt der Nachwuchs. Über Neu-Zuzüger werden wir leider jeweils nicht informiert, weshalb die jüngeren Bewohner für uns schwer zu erreichen sind.» Wie lange der Quartierverein so noch bestehen könne, sei ungewiss. Dabei erfreuen sich jedes Jahr viele Bewohner und insbesondere Kinder aller Nationen am vom Quartierverein organisierten Chlaus-Umzug. «Dieser findet immer am 6. Dezember statt. «Als Samichläuse verkleidet, verteilen wir jeweils über 200 Gritibänzen und lassen den Abend im Restaurant Casa Rustica ausklingen», sagt Schätti.

 

Das Casa Rustica ist Dreh- und Angelpunkt des Quartiervereins: Im August wird rund um das Restaurant jeweils das Quartierfest gefeiert. «In diesem Jahr haben wir gut achtzig Portionen Risotto geschöpft und bestimmt genauso viele Würste ausgegeben», sagt Bischofberger. Ausserdem wird für die Mitglieder des Vereins alle zwei Jahre einen Ausflug organisiert. Im Winter findet im Casa Rustica die Generalversammlung statt, an der jährlich vierzig bis fünfzig Mitglieder teilnehmen.

 

Attraktiver neuer Boots-Ausstieg

Trotz der vielen langjährigen Traditionen gibt es doch auch die eine oder andere Neuerung: Noch dieses Jahr soll die Coop-Tankstelle in der Mitte der Schönenwerd-Kreuzung eröffnen. Und in der Adventszeit wird Schönenwerd einen eigenen Weihnachtsbaum erhalten: «Die zweieinhalb Meter hohe Tanne wird vom Quartierverein gemeinsam mit den hier ansässigen Firmen geschmückt und soll beim «Bündnerbrunnen» vor dem Coop aufgestellt werden», freut sich Schätti.

 

Begrüssenswert sei auch der dieses Jahr eröffnete neue Boots-Ausstieg mit Grillplatz an der Limmat, direkt hinter dem Bahnhof Glanzenberg: «Wir finden es nur schade, dass dazu nicht noch eine Familien-Badi gebaut wurde», sagt Bischofberger. Dafür soll bis zum Jahr 2022 endlich die Unterführung des Bahnhofs Glanzenberg durchgängig werden: «Das dürfte den Boot-Ausstieg nochmals attraktiver machen», ist Schätti überzeugt. Noch vorher wird aber die Limmattalbahn das bereits gut ausgebaute ÖV-Netz von Schönenwerd ergänzen. Das längste Stück der Limmattalbahn wird entlang der Birmensdorferstrasse führen: «Die Kinder können dann mit der Bahn zur Schule», sagt Schätti.

 

Text: Linda von Euw, Fotos: Linda von Euw, Martin Gollmer