Schwierig zu realisieren

«Als Krieg zum Frieden sich gewendet / Ward dieses
Siedlungswerk vollendet / In zähem, schwerem Kampf geboren / Will’s Gott, zum Frieden auserkoren.» – Dieses Gedicht prangt als Gedenkschrift an der Fassade eines Hauses im Hofacker-Quartier. Es erinnert an die schwierigen Umstände, unter welchen die Siedlung in den Jahren 1944 / 45 erbaut wurde: Der Beitrag will dieser Baugeschichte nachgehen.

Schon vor, besonders aber während des Zweiten Weltkrieges nahm der Wohnungsbau in der Schweiz u.a. aufgrund der allgemeinen Unsicherheit und des Mangels an Kapital, Baumaterialien und Arbeitskräften stark ab. Seit 1943 herrschte in fast allen Schweizer Gemeinden Wohnungsknappheit, was rund drei Jahrzehnte so bleiben sollte – dies aufgrund des Bevölkerungswachstums nach dem Krieg und des Zuzugs ausländischer Arbeitskräfte, ohne die der rasante Wirtschaftsaufschwung nicht zu bewältigen gewesen wäre.

Die allgemeine Wohnungsnot bewog die Baudirektion des Kantons Zürich im Frühjahr 1943 zu einer Wegleitung an die Gemeindebehörden, wonach alle Möglichkeiten zur planmässigen Förderung des Wohnungsbaus zu prüfen seien: Ein Lösungsansatz war u.a. die Subventionierung des sog. gemeinnützigen Wohnungsbaus, also die nicht gewinnorientierte Bereitstellung von Wohnraum durch Wohnbaugenossenschaften mit statutarisch kontrollierter Zielsetzung. Seine grösste Verbreitung fand der gemeinnützige Wohnungsbau 1943 bis 1949.

So wurde in der grossen Vorortsgemeinde Dietikon 1943 u.a. die «Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Dietikon» gegründet, die den Bau einer offenen Siedlung im Einfamilienhausstil plante. Zwar blieb die Suche nach geeignetem Bauland zunächst erfolglos. Später aber war die Gemeinde bereit, eine alte Kiesgrube im Hofacker zu Fr. 2.- pro Quadratmeter an die Genossenschaft zu verkaufen. Deren Präsident Max Müller (nach ihm ist heute eine Strasse im Hofacker benannt) unterzeichnete den Vertrag am 25. Juni 1944.

«Wir bauen eine Kolonie»
In den Jahren 1944 / 45 wurde von Hans Wirth ein Stummfilm mit dem Titel «Wir bauen eine Kolonie» gedreht – eine Kopie dieses historisch wertvollen Zeitdokuments ist heute im Archiv des Ortsmuseums Dietikon. Der Film zeigt, wie zuerst mühsam das stehende Holz gefällt werden musste; erst danach konnten die ersten Baugespanne aufgestellt werden. Viele freiwillige Stunden mussten von den Genossenschaftern geleistet werden, bis mit dem Bau der Strassen, Kanalisationen und der Häuser begonnen werden konnte.

Die Grundsteinlegung der Wohnkolonie Hofacker erfolgte am 20. August 1944 mit einer kleinen Feier. Insgesamt sollten in einer ersten Bauetappe 16 Vierzimmer- und 4 Fünfzimmer-Häuser gebaut werden. Während der gesamten Bauzeit musste sich jedoch die Genossenschaft mit vielen Unannehmlichkeiten befassen: Um z. B. den nötigen Zement zu erhalten, musste Max Müller bis nach Bern reisen, weil die Zuteilung dieses wichtigen Baustoffes nur mit Bewilligung des Kriegswirtschaftsamtes erhältlich war.

Herausfordernde Bedingungen
Auch andere Baumaterialien wie Backsteine und Ziegel, doch ebenso die nötigen Baukredite von den Banken und den Subventionsbehörden waren nur schwer zu beschaffen. Noch dazu stellten der kalte Winter und die schlechte Witterung 1944/45 die Bauherrschaft vor erhebliche Probleme. Morast und gefrorener Boden führten dazu, dass die Arbeiten für kürzere Zeit eingestellt werden mussten, bis das Wetter sich im Februar 1945 allmählich besserte. Die ersten Genossenschafter bezogen dann schon im März glücklich ihr neues, allerdings noch immer im Rohbau stehende Heim. Bis August 1945 schliesslich konnten aber alle 20 Häuser komplett fertiggestellt werden.

Der Bau der Siedlung Hofacker war also in vielerlei Hinsicht eine grosse Hürde für die Genossenschafter: Allgemein stellte der Krieg eine immense Belastung für alle Einwohner dar. Fest mussten die Siedler im Hofacker zusammenhalten, um durch hartnäckige Verhandlungen und fleissige Eigenleistungen jede unnötige Ausgabe zu vermeiden und den bescheidenen Finanzhaushalt ihrer Genossenschaft in geordnete Bahnen zu bringen. Zum Gedenken an jene schwierigen Zeiten 1944/45 wurde damals das «Hofacker-Gedicht» als Hausspruch angebracht, welches beim Eintritt in die Wohnkolonie den Wanderer grüsst.

Text: Sven Wahrenberger, Fotos: Ortsmuseum Dietikon