«Wir müssen unsere Ausrichtung ändern»

Unter dem Zwang neuer Umstände passt die Vereinigung Zentrum Dietikon ihre Organisation und Strategie an. Sie will sich in Zukunft wieder auf den Kern Dietikons konzentrieren und ihre Mitglieder mit kleinen, direkten Aktionen unterstützen. Der «Dietiker» sprach mit Elio Frapolli, dem Präsidenten der Vereinigung, über die Hintergründe.

dietiker: Herr Frapolli, seit 2013 sind Sie Präsident der Vereinigung Zentrum Dietikon. Was waren in dieser Zeit die Höhepunkte für Sie und die Vereinigung?
Elio Frapolli: Ich bin ja nicht erst seit 2013 dabei. Ich war schon vor 18 Jahren Gründungsmitglied der Zentrumsvereinigung. In dieser Zeit hat die Vereinigung eine erfreuliche Professionalisierung durchgemacht. Ein Höhepunkt sind sicher die grossen Märkte – Frühlingsmarkt, Herbstmarkt, Weihnachtsmarkt –, bei denen wir mit 5 Ständen angefangen haben. Heute sind wir bei 70 im Durchschnitt. Andere Höhepunkte waren am Anfang Anlässe wie Beach Volleyball, Eisskulpturen bauen usw. Später war das aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich. Auch ein Höhepunkt für mich ist der Vorstand, der aus Unternehmern und Gewerbetreibenden besteht und der in dieser Zeit immer der gleiche war. Mit der Geschäftsführerin Sabine Billeter konnten wir zudem in einem immer schwierigeren Umfeld zahlreiche Aktionen organisieren und durchführen.

dietiker: Was waren die Tiefpunkte in dieser Zeit?
Elio Frapolli: Ein Tiefpunkt war zu sehen, wie viele persönlich geführte, kleinere Geschäfte und Läden, oft Spezialitätenanbieter im Food- und Nonfoodbereich, aus dem Zentrum verschwunden sind. Heute dominieren im Zentrum vor allem Anbieter von Waren für den täglichen Gebrauch.

dietiker: Im nächsten Jahr, 2020, wollen Sie zurücktreten. Warum?
Elio Frapolli: Die Konstellation – insbesondere in der Zusammenarbeit mit der Stadt – hat sich geändert. Mit dem Wechsel im Stadtpräsidium und in der Standortförderung sind neue Ideen aufgetaucht. Diesen muss sich die Zentrumsvereinigung anpassen. In dieser neuen Konstellation können wir die grossen Märkte nicht mehr selber bespielen und haben deshalb den finanziellen Rahmen nicht mehr, um als eigentlicher Wirtschaftsförderungsverein fungieren zu können. Zudem können wir uns keine Geschäftsführerin mehr leisten. Das hat eine neue Ausrichtung der Vereinigung zur Folge. Überdies sage ich schon seit längerem, es brauche frisches Blut im Vorstand.

dietiker: Sie haben von einer Neuausrichtung der Vereinigung Zentrum Dietikon gesprochen. Ist der Rückzug auf das eigentliche Zentrum Dietikons ein Teil davon?
Elio Frapolli: Gezwungenermassen. Der Vorgänger des jetzigen Stadtpräsidenten und Standortförderer sowie Vertreter aus den anderen Wirtschaftsverbänden hatten uns gebeten, unser Tätigkeitsgebiet auf weitere Quartiere in Dietikon auszuweiten. Wir haben dann in der Folge den Fiirabigmärt im Limmatfeld aufgebaut. Dabei mussten wir aber feststellen, dass nach anfänglichem Erfolg das Interesse für diesen Markt zurückging. Die operative Unterstützung vonseiten der Stadt und von Quartiervereinen war nicht in dem Masse möglich, dass eine Weiterführung auch aufgrund von mangelndem Personal und ohne zusätzliche Infrastruktur möglich gewesen wäre. Deshalb haben wir mit dem neuen Stadtpräsidenten und dem neuen Standortförderer für dieses Jahr eine neue Leistungsvereinbarung rein für die Zentrumsgeschäfte von Dietikon abgeschlossen. Damit verbunden ist eine neue Definition des Zentrums, das wir jetzt betreuen.

dietiker: Wie könnte die Neuausrichtung sonst noch aussehen?
Elio Frapolli: Die 130 Unternehmen, Geschäfte und Läden, die bei der Vereinigung Zentrum Dietikon mit dabei sind, sollen weiterhin betreut werden, aber durch kleinere, direkte Aktionen. Wir denken dabei an Verkaufsförderungsmassnahmen mittels Ankündigungen auf der Website der Vereinigung und in den Social Media oder an Gutscheinaktionen, an Hilfe und Coaching bei Problemen mit der kommenden Bautätigkeit im Zusammenhang mit der Limmattalbahn.

dietiker: In Zukunft steht also wieder das Zentrum Dietikons im Vordergrund der Aktivitäten Ihrer Vereinigung. Was zeichnet dieses Gebiet der Stadt aus?
Elio Frapolli: Es ist ein Zentrum, das fassbar ist. Es reicht vom Stadthaus bis zum Bahnhof und vom Trio bis zum RWD-Hochhaus. Auf diesem Perimeter gibt es alles für den täglichen Gebrauch. Aufgewertet wird das Zentrum zudem durch den Relaunch des Frischmarkts am Samstag und eventuell am Mittwoch. Dieses Gebiet ist erreichbar mit dem öffentlichen Verkehr und dank Parkhäusern auch mit dem privaten Auto. Später wird das Zentrum auch noch durch die Limmattalbahn erschlossen.

dietiker: Hat das Zentrum auch Schwächen?
Elio Frapolli: Es gibt einen Hauptanbieter in Gestalt des Löwencenters, der in dem Zustand, wie er sich heute präsentiert, in einem nicht akzeptablen baulichen und visuellen Zustand ist. Es gibt immer wieder Leerbestände, und es wurde zu wenig investiert in den Unterhalt. Jetzt ist aber – vielleicht im Zusammenhang mit der Limmattalbahn – eine Vorwärtsstrategie in Aussicht gestellt.

dietiker: Stichwort Limmattalbahn: Was bedeutet ihr Kommen für das Zentrum?
Elio Frapolli: Sie wird sicher zu einer Bereicherung führen. Sie wird Renovationen und Sanierungen entlang der Bahnstrecke zur Folge haben, und die Investitionen ins Zentrum werden die City massgeblich aufwerten. Nehmen Sie das Beispiel Bahnhof Stadelhofen in Zürich. Dort sind neue Geschäfte und Läden sowie Strassencafés entstanden. Die Limmattalbahn bringt zusätzliches Leben in das Zentrum.

dietiker: Die Bauphase bedeutet zunächst aber eine erhebliche und längere Beeinträchtigung des Zentrums.
Elio Frapolli: Die Zufahrt zum Zentrum muss jederzeit gewährleistet sein. Hier erwarte ich Massnahmen der Stadt und des Kantons Zürich. Zudem sollte eine Koordination mit den Aktivitäten der Vereinigung Zentrum Dietikon stattfinden. Und ein gewisses höheres Mass an Toleranz vonseiten Behörden, Polizei und privaten Sicherheitsdienste wäre wünschbar für die Lieferanten und Zentrumsbesucher.

dietiker: Die Stadt organisiert die Märkte neu. Ist das ein Misstrauensvotum gegenüber der Vereinigung Zentrum Dietikon?
Elio Frapolli: Dahinter steht ein neues Konzept des Stadtpräsidenten und des Standortförderers. Die Organisation dieser Märkte soll mehr in die Stadtverwaltung integriert werden. Dies war immer auch mein Bestreben, die Funktion der Geschäftsführung der Zentrumsvereinigung in die Wirtschaftsförderung zu integrieren. Darum: Unsere jahrelange Erfahrung mit diesen Märkten will man in diesem Übergangsjahr noch einmal nutzen.

dietiker: Aber ganz geräuschlos ist der Konzeptwechsel nicht über die Bühne gegangen, wie zu hören war. Sie waren ziemlich aufgebracht, als Sie davon erfuhren.
Elio Frapolli: Hinter den Märkten in Dietikon stecken 18 Jahre aufwändige Arbeit unserer Vereinigung und viel kostenlose Fronarbeit. Es ist klar, dass da der Ablöse- und Umkehrprozess, die ziemlich überraschend stattfanden, nicht einfach war. Das Ganze ist zudem ziemlich abrupt gekommen. Das war für uns schon etwas brutal, insbesondere dass damit die Funktion unserer Geschäftsführerin obsolet wird, es besteht die Gefahr, dass enorm viel Netzwerk und Erfahrung verloren geht. Auch hat die Tonalität am Anfang nicht gestimmt. Das hat sich dann ziemlich rasch gelegt, und es bestehen nun überhaupt keine Animositäten mehr. Wir blicken jetzt gemeinsam vorwärts für Dietikon.

dietiker: Welchen Wunsch haben Sie für die Zukunft der Vereinigung Zentrum Dietikon?
Elio Frapolli: Sie soll mit dem gleichen Geist und Enthusiasmus, den wir bisher gehabt haben, weiterleben können. Sie soll sich weiterhin für die kleinen Geschäfte und Läden bei der Stadt einbringen können. Und ich hoffe, dass die Vereinigung in Zukunft auf Projektbasis weiter mit der Stadt zusammenarbeiten kann.

 

Text und Fotos: Martin Gollmer