«Dem Ereignis einen Schritt voraus sein»

Wegen der hochansteckenden Coronavirus-Krankheit hat Dietikon früh die Gemeindeführungsorganisation aktiviert – etwas, was nur in aussergewöhnlichen Zeiten geschieht. Stadtrat Heinz Illi (EVP), Vorsteher des Ressorts Sicherheit und Gesundheit, erklärt im Interview mit dem «Dietiker», was diese macht und wie sie funktioniert.

dietiker: Herr Illi, der Bundesrat hat am 16. März wegen der Coronavirus-Pandemie in der gesamten Schweiz eine «ausserordentliche Lage» erklärt. Was bedeutet das für die Stadt Dietikon und ihre Einwohnerinnen und Einwohner?
Heinz Illi: Das bedeutet zunächst einmal Einschränkungen für alle. Der gewohnte Lauf des Lebens und der Dinge ist nicht mehr möglich. Trotzdem soll das soziale Leben – wenn auch reduziert – weitergehen können. Im aktuellen Fall geht es natürlich auch darum, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Zudem muss das Funktionieren der städtischen Verwaltung sichergestellt werden. Weiter muss mit der Bevölkerung und dem städtischen Personal verständlich und regelmässig kommuniziert werden.

Dietikon hat wegen der Coronavirus-Pandemie schon Anfang März die Gemeindeführungsorganisation – kurz die GFO – aktiviert. Warum und warum so früh?
Wir wollten dem Ereignis einen Schritt voraus sein. Deshalb konnten die Massnahmen von Bund und Kanton sehr schnell umgesetzt werden. Wir haben uns mit vielen Fragen bereits früh auseinandergesetzt. Das hat eine rasche Massnahmenplanung auf Ebene der Stadt möglich gemacht.

Ist die GFO schon in den vergangenen Jahren/Jahrzehnten einmal aktiviert worden?
Ja, beispielsweise während der Trockenheit 2018, als wir ein Feuer- und Feuerwerksverbot erlassen mussten. Bei der Durchsetzung hatten wir den Lead im Bezirk Dietikon für einheitlichen Auftritt und Kommunikation. Dies aber eher in kleinem Rahmen.

Wozu ist die GFO da? Welche Aufgaben hat sie?
Aufgabe der Gemeindeführungsorganisation ist, dass in ausserordentlichen Lagen die öffentliche Ruhe und Ordnung aufrechterhalten bleibt. Sie sorgt für die Sicherheit von Personen und Eigentum vor Schädigungen und Gefahren aller Art. Ausserordentliche Lagen können zivile Katastrophen, Pandemien, Naturkatastrophen, grosse Unfallereignisse, aber auch umfangreiche Migrationsbewegungen sein. Der Stab der GFO unterstützt und berät dabei die Exekutive der Stadt, beschafft die Entscheidungsgrundlagen und vollzieht die getroffenen Anordnungen.

Aus welchen Personen/Behörden ist die GFO zusammengesetzt? Wer leitet sie?
Die Organisation besteht aus Teilen des Stadtrates (Exekutive) und aus dem Führungsstab. Dort sind Fachleute von Stadtverwaltung, Schule, Stadtpolizei, Bevölkerungsschutz, der Werke und aus dem Gesundheitsbereich vertreten. Geleitet wird die GFO von mir als Vorsteher des Ressorts Sicherheit und Gesundheit im Stadtrat.

Wo macht die GFO ihre Arbeit?
Im Theoriesaal des Feuerwehrgebäudes.

Wie oft tagt die GFO?
Während der Coronavirus-Krise täglich im reduzierten Kernstab. Dieser besteht aus drei Personen: Heinz Illi, Sicherheits- und Gesundheitsvorstand, Michael Weber, Leiter Sicherheits- und Gesundheitsabteilung, und Roger Wiederkehr, Stabsoffizier Feuerwehr.

Welche Kompetenzen hat die GFO?
Die Gemeindeführungsorganisation hat eine eigene, begründete Entscheidungskompetenz. Sind in einem dringenden Fall durch übergeordnete Stellen angeordnete Entscheidungen bzw. Verfügungen zu treffen, kann die Organisation diese, unter Einbezug des Stadtpräsidenten und der Stadtschreiberin, direkt vornehmen. Dem Stadtrat ist regelmässig an den Stadtratssitzungen über die aktuelle Lage und die eingeleiteten Massnahmen Bericht zu erstatten.

Wie kann die GFO die von ihr angeordneten Massnahmen durchsetzen?
Vorgaben von Bund und Kanton werden konsequent umgesetzt. Zum Beispiel mit Sperrung der öffentlichen Spielplätze und Anlagen, um Ansammlungen zu verhindern, mit Plakat- und Inseratekampagnen zu den Hygienemassnahmen, mit Beratung der Bevölkerung, etc.

Wie informiert sich die GFO in einer ausserordentlichen Lage über die Situation in der Stadt?
Es findet ein regelmässiger Informationsaustausch mit Partnerorganisationen, wie zum Beispiel der Polizei, der Infrastrukturabteilung der Stadtverwaltung, des Alters- und Gesundheitszentrums oder der Schule, etc. statt. Die GFO hat sich zudem regelmässig vor Ort selbst ein Bild gemacht.

Wie informiert die GFO die Einwohnerinnen und Einwohner Dietikons in einer ausserordentlichen Lage?
Das geschieht mit Medienmitteilungen, Plakatkampagnen, Internet, sozialen Medien, Flugblättern sowie mit einer Hotline für die Bevölkerung.

Die GFO wirkt in ausserordentlichen Lagen einerseits nach innen. Welche Massnahmen hat sie im aktuellen Fall zur Sicherstellung des Funktionierens der städtischen Verwaltung ergriffen?
Wir haben eine Mitarbeiter-Hotline eingerichtet, das Personal regelmässig informiert, Merkblätter mit Verhaltensregeln erarbeitet, einen Schichtbetrieb eingeführt, den Schalterbetrieb im Stadthaus geschlossen, die Versorgung mit Schutzmaterial sichergestellt und ein Schutzkonzept für das Personal ausgearbeitet.

Die GFO wirkt in ausserordentlichen Lagen andererseits nach aussen. Welche Massnahmen hat sie im aktuellen Fall zur Sicherstellung der Sicherheit und Gesundheit der Einwohnerinnen und Einwohner Dietikons getroffen?
Wir haben Massnahmen getroffen, damit Vorgaben von Bund und Kanton eingehalten werden können. Dazu gehören etwa die Schliessung öffentlicher Plätze und Freizeitanlagen, die Erhöhung der Polizeipräsenz oder die Lancierung von Informationskampagnen. Es wurden nicht nur Massnahmen für die Bevölkerung getroffen. Wir versuchten auch das Gewerbe zu unterstützen – etwa mit Plakatkampagnen und Flugblättern.

Wie hat sich der aktuelle Einsatz der GFO bis jetzt bewährt?
Es hat sich gezeigt, dass der Grundsatz «in der Krise die Köpfe kennen» richtig ist. Es hat sich bewährt, den Kernstab klein zu halten und punktuell die nötigen Fachpersonen beizuziehen.

Wie lange wird die GFO aktiv sein?
So lange wie nötig. Das kann zurzeit – Mitte Mai – noch nicht abgeschätzt werden.

Zur Person
Der heute 62-jährige Heinz Illi liess sich ursprünglich zum Forstwart ausbilden, arbeitet aber schon seit rund 40 Jahren für die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ). Zuerst war Illi Tram- und Busfahrer, absolvierte dann aber Weiterbildungen in Management und Personalführung und übernahm diverse Führungsfunktionen. Seit 6 Jahren ist er Sicherheitsverantwortlicher des Unternehmensbereichs Betrieb der VBZ. In dieser Funktion hat Illi vor allem mit vorbeugenden Massnahmen zur Vermeidung von Unfällen zu tun und schult dabei jährlich auch 1500 Schulkinder sowie 800 Seniorinnen und Senioren.

Seine politische Laufbahn begann Illi als Schulpfleger in Dietikon (4 Jahre) und als Gemeinderat (ebenfalls 4 Jahre). Seit 2006 ist er Stadtrat und dort verantwortlich für das Ressort Sicherheit und Gesundheit. Illi ist Mitglied der Evangelischen Volkspartei (EVP). Hauptberuf und Milizamt seien «eine interessante Mischung aus Politik, Sicherheit, Gesundheit und öffentlichem Verkehr», sagt Illi.

Illi ist seit 37 Jahren «glücklich verheiratet mit der besten Frau der Welt», wie er erklärt. Das Paar hat vier erwachsene Töchter und bereits drei Enkelkinder – ein Mädchen und zwei Knaben.

In seiner Freizeit fährt Illi gerne Velo und hält sich am liebsten in den Bergen auf. Skifahren und Langlauf im Winter sind für ihn «das höchste der Gefühle». Sehr wichtig ist ihm auch, Zeit mit der Familie und den Enkelkindern zu verbringen.

Text: Martin Gollmer; Fotos: zVg