«Der Stadtpräsident muss für alle Einwohner da sein»

Als neuer Stadtpräsident will sich Roger Bachmann dafür einsetzen, dass sich der Stadtrat nicht in ideologischen Grabenkämpfen verliert, sondern sachlich politisiert und ausgewogene Kompromisse im Sinne der Stadt und ihrer Einwohner erarbeitet.

 

«dietiker»: Herr Bachmann, Gratulation zur Wahl als Stadtpräsident von Dietikon. Welche Gefühle haben Sie?

Roger Bachmann: Es hat mich sehr gefreut, dass ich nicht nur mit einem Zufallsresultat, sondern mit einem grossen Vorsprung gewählt worden bin. Das zeigt, dass ich eine relativ breite Wählerbasis hinter mir habe. Und dann bin ich natürlich auch froh, dass es nach einem so langen und intensiven Wahlkampf jetzt vorbei ist.

 

«dietiker»: Welche Botschaft haben Sie für die Einwohner Dietikons nach Ihrem Sieg?

R.B.: Der Wahlkampf ist jetzt Geschichte. Ideologische Grabenkämpfe sollten nun vorbei sein. Jetzt gilt es, gemeinsam an einen Tisch zu sitzen und konstruktive Lösungen im Sinne der Stadt zu suchen. Wir sind in einer spannenden Zeit, in der relativ viel passiert und in der sich Chancen bieten. Diese Chancen müssen wir nutzen. Es gilt dabei, einen Schritt auf den politischen Gegner hin zu machen und eine gewisse Kompromissfähigkeit an den Tag zu legen.

 

«dietiker»: Was glauben Sie, was waren die Gründe, die Ihnen zum Gewinn der Stadtpräsidentenwahl verholfen haben?

R.B.: Das ist schwierig zu sagen. Eine Rolle hat sicher gespielt, dass ich schon lange politisch aktiv bin und zahlreiche Funktionen auf lokaler, regionaler und kantonaler Ebene inne hatte und dabei Erfahrungen sammeln konnte. Ich denke auch, dass mit der Wahl ebenfalls meine Arbeit als Sozialvorstand von Dietikon in den vergangenen vier Jahren gewürdigt worden ist. Dazu haben auch meine Mitarbeiter in der Stadtverwaltung beigetragen. Ich möchte das auch in Zukunft so halten, dass Politik und Verwaltung am selben Strick ziehen und positive Arbeit für die Stadt leisten.

 

«dietiker»: Im Wahlkampf konnten Sie auf die Unterstützung der Wirtschaft zählen. Ist Ihr Erfolg auch ein Sieg für die Wirtschaft?

R.B.: Auch wenn ich ein Verwaltungsmensch bin, ich war mir immer der wichtigen Rolle der Wirtschaft in einer Gesellschaft bewusst. Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es uns allen gut. Die Wirtschaft schafft und sichert Arbeitsplätze, und sie trägt zu einem schönen Teil zu den Steuereinnahmen der Stadt Dietikon bei. Deshalb werde ich die Interessen der Wirtschaft auch in Zukunft hoch halten und in die Politik einbringen. Wenn Sie so wollen, ist mein Sieg in der Stadtpräsidentenwahl darum auch ein Erfolg für die Wirtschaft.

 

«dietiker»: Sie haben zwar den zweiten Wahlgang für das Stadtpräsidium mit grossen Vorsprung gewonnen, aber eine Mehrheit der Wählenden in Dietikon wollte einen anderen Stadtpräsidenten. Sie gaben ihre Stimme Anton Kiwic oder Heinz Illi. Was sagen Sie dazu?

R.B.: Das sind Rechenspiele. Was sicher gewesen wäre, wenn nur ein Gegenkandidat angetreten wäre, wäre mein Vorsprung kleiner gewesen. Die Frage wäre gewesen, ob wirklich alle Mittewähler den Kandidaten der SP oder der EVP gewählt hätten. Stadtpräsidentenwahlen sind auch eine Personenwahl. Insofern macht man es sich zu einfach, wenn man einfach die Resultate der beiden Gegenkandidaten addiert.

 

«dietiker»: Welche Botschaft haben Sie für die Wähler von Anton Kiwic und Heinz Illi?

R.B.: Ich bin mir bewusst, dass es Leute gegeben hat, die mir die Stimme nicht gegeben haben. Ich werde aber als Stadtpräsident auch für diese Personen ein offenes Ohr haben. Ich habe das auch in meinem Wahlkampf gesagt: Als Mitglied der Exekutive ist man primär der Sache und den Einwohnern der Stadt verpflichtet. Gewiss soll man parteipolitische Überzeugungen haben, aber diese dürfen nicht im Vordergrund stehen. Deshalb war auch mein Wahlplakat bewusst neutral gestaltet und nicht mit einem Parteilogo versehen.

 

«dietiker»: Sie sagen es, Sie sind zum zweiten Wahlgang mit einem Plakat angetreten, auf dem das Logo der SVP, ihrer Partei, fehlte. Warum trauten Sie sich nicht, zu Ihrer Partei zu stehen?

R.B.: Für die Stadtpräsidentenwahl hatten wir von Anfang an ein überparteiliches Komitee, in dem Leute quer durch alle Parteien, verschiedenste Vereine und die Wirtschaft dabei waren. Deshalb haben wir bewusst einen neutralen Wahlkampf gefahren, mit der Botschaft, dass ein Stadtpräsident schliesslich für alle Einwohner der Stadt Dietikon da sein muss.

 

«dietiker»: Wie wollen Sie den Stadtrat in Zukunft führen?

R.B.: Als Stadtpräsident sehe ich mich als Coach einer Mannschaft, die ein gemeinsames Ziel hat. Der Stadtrat soll ein Team sein, das im Sinne der Sache und der Einwohner der Stadt Dietikon entscheidet. Ich möchte, dass der Stadtrat in der Öffentlichkeit als Einheit auftritt und selbstbewusst zu seinen Entscheiden steht. Die Voraussetzungen dazu sind nicht schlecht. Die meisten wichtigen Parteien, die im Parlament vertreten sind, haben einen Repräsentanten im Stadtrat. Das bietet Gelegenheit, breit abgestützte Kompromisslösungen zu finden.

 

«dietiker»: Sie sprechen die politische Ausgewogenheit im Stadtrat an. Die rechten Parteien, die SVP und die FDP, die bisher die Mehrheit hatten, haben diese verloren. Erschwert das Ihre Arbeit als Stadtpräsident?

R.B.: Das wird sich in den nächsten vier Jahren weisen. Ich kenne aber alle Leute, die jetzt im Stadtrat sind, meistens schon lange. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass wir den Rank finden werden. In einer Exekutive spielt Parteipolitik sowieso eine zweitrangige Rolle. Im Vordergrund steht die Lösung von Sachfragen. Dabei ist man oft Zwängen durch die übergeordnete Gesetzgebung ausgesetzt. Das werden vor allem die Neugewählten in der Exekutive noch merken.

 

«dietiker»: Welches sind Ihre politischen Prioritäten für die nächsten Jahre?

R.B.: Ein grosses Thema ist sicher der Verkehr und dabei besonders die Limmattalbahn. Wir sind sicher alle froh, wenn wir im Herbst nach der zweiten kantonalen Volksabstimmung endlich wissen, ob die zweite Etappe ab Schlieren über Dietikon nach Killwangen-Spreitenbach gebaut wird. Dabei werden wir als Stadtrat Überzeugungsarbeit bei den Einwohnern der Stadt Dietikon leisten müssen, denn diese haben die Limmattalbahn in der ersten kantonalen Volksabstimmung mehrheitlich abgelehnt. Wir müssen ihre Sorgen ernst nehmen, ihnen aber auch klar machen, dass es bei diesem Projekt nicht nur um die Limmattalbahn geht, sondern auch um den motorisierten Individualverkehr, unter dessen Problemen wir in Dietikon schon seit Jahren ächzen. Hier hätten wir die Chance, eine Verbesserung hinzubringen.

 

«dietiker»: Sie sind, man hört es, ein Befürworter der Limmattalbahn.

R.B.: Ich habe mich auch als Sozialvorstand der Stadt Dietikon für die Limmattalbahn stark gemacht, weil unsere Bevölkerungsstruktur eines der grossen Probleme ist, das wir haben. Wir haben als Stadt grosse soziale Lasten zu tragen. Wenn man nun die Bevölkerungsstruktur positiv beeinflussen will, muss man die Stadt erneuern. Für das braucht es Investoren, die Geld bringen. Die Limmattalbahn wird dabei ein Treiber sein.

 

«dietiker»: Gibt es in der Stadt noch andere Themen neben dem Verkehr, die man anpacken muss?

R.B.: Wenn die Stadt wächst, muss auch die städtische Infrastruktur mitwachsen. Dabei denke ich etwa an Schulhausbauten. Das wird grosse Investitionen zur Folge haben. Dann gib es auf kantonaler Ebene Vorhaben, die Auswirkungen auf die Stadt Dietikon haben werden. Ein Beispiel ist die Revision des Sozialhilfegesetzes. Dabei gilt es die Interessen der Stadt selbstbewusst zu vertreten.

 

«dietiker»: Sie haben es gesagt, grosse Investitionen kommen auf die Stadt zu. Dank eines guten Rechnungsabschlusses konnte der hohe Steuerfuss etwas gesenkt werden. Liegen weitere Senkungen drin, oder muss sich Dietikon wieder nach der Decke strecken?

R.B.: Wir werden uns nach wie vor nach der Decke strecken müssen. Für den guten Rechnungsabschluss haben Grundstücksteuererträge gesorgt, die nicht jahrelang weiter sprudeln werden. Und bei den Sozialausgaben konnten wir den Nettoaufwand reduzieren, wobei wir nicht wissen, wie sich die Wirtschaftslage weiter entwickeln wird. Wir werden deshalb auch in Zukunft hart arbeiten müssen, um das Niveau zu halten, das wir heute haben. Ob dabei weitere Steuerfusssenkungen möglich sein werden, wird die Zukunft zeigen.

 

 

Text: Martin Gollmer, Foto: ZVG