«Dietikon muss seine Stärken erkennen»

Der Bezirkshauptort verfüge über eine ausgezeichnete Infrastruktur und biete viele Freiräume mit einem hohen Erholungscharakter, sagt Standortförderer Adrian Ebenberger im Interview mit dem «dietiker».

dietiker: Herr Ebenberger, Sie sind seit Mitte August 2018 Standortförderer in Dietikon. Welche Stärken der Stadt haben Sie in dieser Zeit kennengelernt?

Adrian Ebenberger: Dietikon ist eine multikulturelle, bunte und vielfältige Stadt mit den unterschiedlichsten Facetten. Hier leben Menschen aus 118 Nationen, und rund 17’500 Menschen finden hier eine Arbeit. Das äusserst vielfältige Angebot der über 100 Vereine hält für fast jedes Interesse das Passende bereit. Dietikon hat eine ausgezeichnete Infrastruktur und bietet viele Freiräume mit einem hohen Erholungscharakter. Ich bin hier aufgewachsen und kenne Dietikon seit meiner Kindheit.

dietiker: In ihrem jährlichen Städteranking bezeichnet die «Bilanz» die gute Anbindung an den öffentlichen und privaten Verkehr sowie die Nähe zu wichtigen Bildungsinstitutionen als Stärken Dietikons. Sehen Sie das auch so?

Adrian Ebenberger: Dietikon erfüllt alle Voraussetzungen eines Bezirkshauptortes mit regionalem Verkehrsknoten: Autobahnanschluss, SBB-Anschluss mit Taktfahrplan, Bremgarten-Dietikon-Bahn und in näherer Zukunft auch die Limmattalbahn, die unsere Strassen entlasten wird. Die Nähe zu Bildungsinstitutionen und Hochschulen ist ein weiterer Pluspunkt für Dietikon als Wirtschaftsstandort.

dietiker: Was wollen Sie tun, dass Dietikon seine Stärken behaupten kann?

Adrian Ebenberger: Um die Stärken von Dietikon im Standortwettbewerb zu behaupten, muss die Stadt ihrer Stärken erst bewusst werden. Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Wirtschaftsstrategie 2025 haben wir im Wirtschaftsrat, dem alle Dietiker Wirtschaftsorganisationen angehören, eine SWOT-(Stärken-Schwächen-)Analyse erstellt, die uns zeigt, wo die Entwicklungspotenziale der Stadt liegen. Die Stadt wird auf Basis dieser Analyse entscheiden müssen, auf welche Stärken sie setzen möchte und wo der Hebel am grössten ist.

dietiker: Hat Dietikon auch Schwächen?

Adrian Ebenberger: Wie jeder Standort hat auch die Stadt Dietikon ihre Schwächen. In der SWOT-Analyse haben wie folgende Schwächen ausgemacht: Image, Erscheinungsbild und das unklare Profil der Stadt, das wenig einladende Zentrum, der Gewerbe-Mix sowie die knappen bzw. fehlenden Landreserven für Industrie und Gewerbe. Bei diesen Schwächen setzt die Standortförderung in Zukunft an.

dietiker: Gemäss Städteranking der «Bilanz» ist Dietikon bei Kultur und Freizeit sowie bei der Erholung schwach. Wie sehen Sie das?

Adrian Ebenberger: Mit der Eröffnung von Gleis 21 ist neues Leben in die Dietiker Kulturlandschaft eingekehrt, die auch eine jüngere, experimentierfreudige Generation anspricht. Daraus können Impulse für Neues entstehen. Bezüglich Freizeit und Erholung gehe ich mit dem Bilanz-Rating nicht ganz einig. Dietikon ist eingebettet in ein weites Tal mit Rebbergen, tollen Flusslandschaften, das eine vielfältige Infrastruktur mit Sportplätzen, Hallenbad und Raum für jegliche Freizeitaktivitäten wie Wandern, Biken, Schlauchbootfahren und im Winter gar zum Skifahren bietet. Da kann Dietikon mit anderen attraktiven Standorten ohne falsche Bescheidenheit gut mithalten.

dietiker: Wie wollen Sie die Schwächen Dietikons angehen?

Adrian Ebenberger: Standort- und Wirtschaftsförderung ist nicht eine Aufgabe, die an eine Fachstelle oder eine Person delegiert werden kann. Jeder Verein, jede Partei, jede Organisation und jede Bewohnerin und jeder Bewohner der Stadt tragen durch ihr Wirken ihren Teil zur Standortförderung und Standortqualität bei. Eine Standortstrategie ist am wirksamsten, wenn sie von vielen Akteuren gestaltet und mitgetragen wird. Ich betrachte es daher als wichtigen Teil meiner Aufgabe, die Vereine zu vernetzen und sie zu motivieren, sich aktiv an der Entwicklung der Stadt zu beteiligen und sich aktiv für das Geschehen einzusetzen.

dietiker: Welche wichtigen Ziele wollen Sie mit der Standortförderung in der Legislaturperiode 2018 bis 2022 erreichen?

Adrian Ebenberger: Die Ziele der Standortförderung werden jedes Jahr neu festgelegt und orientieren sich am Regierungsprogramm des Stadtrates. Dieses ist von den vier Kernanliegen «Dialog, Vernetzung, Quartierentwicklung und Digitalisierung» geprägt. Der Vernetzung der verschiedenen Anspruchsgruppen wird besondere Bedeutung beigemessen. Das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Dietikon soll eine neue Dynamik bekommen und die Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der ortsansässigen Unternehmen mit Dietikon stärken.

dietiker: Von freisinniger Seite wird die Bildung von wirtschaftlichen Clustern (Schwerpunkten) in Dietikon vorgeschlagen. Was sagen Sie dazu?

Adrian Ebenberger: Die Bildung eines wirtschaftlichen Clusters deckt sich mit den Forderungen in der Wirtschaftsstrategie. Hier lautet das Ziel: Die Stadt Dietikon soll sich als Testfeld oder Know-how-Hub für Innovationen positionieren und weiterentwickeln. Konkret gemeint sind Umwelttechnologien, Kreislaufwirtschaft, CleanTec und Energieversorgung. Bevor einer solchen Positionierung zugestimmt werden kann, muss aber sichergestellt sein, dass genügend bezahlbarer Raum für die Ansiedlung von Firmen aus diesen Zielsegmenten zur Verfügung steht.

dietiker: Dietikon wirbt mit dem Slogan «Wirtschaftsstandort mit Lebensqualität». Inwiefern ist die Stadt ein guter Wirtschaftsstandort?

Adrian Ebenberger: Der genannte Slogan ist bald zehn Jahre alt und steht in der Wirtschaftsstrategie 2025 zur Diskussion. Ein guter Wirtschaftsstandort braucht nicht zwingend einen Slogan. Was er braucht, sind gut erschlossenes Bauland und Gewerberäume, die von Jungunternehmen und vom Gewerbe bezahlt werden können.

dietiker: Sie haben nur ein Teilzeit -Pensum bei der Stadt Dietikon. Welche Hauptaufgaben können Sie in dieser Zeit erledigen?

Adrian Ebenberger: Seit Februar arbeite ich zu 60% für die Stadt. Es ist vorgesehen, dass eine Assistenzstelle geschaffen wird, die mich administrativ und in der Koordination von Märkten und Anlässen unterstützt. Aktuell beschäftigen mich die Themen Aufenthaltsqualität im Zentrum, Neuorganisation der Frischmärkte, Gestaltung und Belebung des Rapidplatzes, Massnahmen zur Stärkung des Detailhandels und Aufbau eines Netzwerkes mit örtlichen Vereinen.

dietiker: Dietikon hat mit der Limmatstadt AG eine Leistungsvereinbarung für die Standortförderung im Limmattal abgeschlossen. Welche Hauptaufgaben nimmt die Limmatstadt AG im Rahmen dieser Vereinbarung wahr?

Adrian Ebenberger: Die Limmatstadt AG hat einen anderen Auftrag als die Standortförderung Dietikon. Ihren Fokus richtet sie auf das Limmattal und nimmt Aufgaben wahr, welche ausserhalb des Geltungsbereiches von Dietikon liegen: Imagearbeit für die Region, Lobbying für regionale Projekte, Vernetzung wichtiger Akteure sowie Interessenvertretung in kantonalen, regionalen Komitees. Sie ist auch Anlaufstelle für Ansiedlungsfragen und nimmt Promotionsaufgaben für Immobilienangebote wahr. Die Stadt Dietikon ist eng mit der Limmatstadt AG vernetzt, hat ein Mitspracherecht und nimmt dieses in allen Gremien auch regelmässig wahr.

 

 

 

 

Adrian Ebenberger: „Jedermann kann mit seinem Wirken für Dietikon zur Standortförderung beitragen.”

 

 

 

 

 

Text: Martin Gollmer, Foto: ZVG